Nach dem «Lockdown» - eine persönliche

Wiedereröffnungsgeschichte

Wiedereröffnungsgeschichte

Meine Wiedereröffnungsgeschichte

von Mia Grieser, Hausdame

Wenn man in der Vergangenheit jemanden gefragt hätte wie sie oder er es fände, ein halbes Jahr einfach nichts zu tun und dafür noch vergütet zu werden, hätte man sich vor lauter Jubeln und Hände in die Luft werfen wahrscheinlich gar nicht mehr retten können. Man stelle sich vor, den ganzen Tag nur für Dinge zu nutzen die man auch wirklich machen möchte. Das klingt auch wirklich nur romantisch.

Die ersten Wochen waren zugegeben, ein Segen. Wie ein wohl verdienter Urlaub, den ich in vollen Zügen ausgenutzt habe. Zeichnen, spazieren, lesen, Serien schauen, die Wohnung auf den Kopf stellen und zum Heimfitnessstudio umbauen – all diese Dinge für die man ab und an im Trubel des Alltags keine Zeit findet. Aber auch die beste Serie geht irgendwann zu Ende und dann sitzt man da. Was nun?

Abgesehen vom Pandemie Geschehen auf der ganzen Welt und den Nachrichten bei denen einem schon ganz anders werden konnte, ist dann die Angst um die Existenz ein fast täglicher Begleiter gewesen.

Anfang der ersten Welle, gabs es noch Vieles für mich zu erledigen. Man sollte nicht meinen, einfach die Türe hinter sich zu ziehen zu können – und ebenso wenig, nach Monaten des Stillstandes wieder aufzuschließen und los legen zu können.

Nicht nur im privaten, sondern auch im Betriebsalltag gibt es hier und da Dinge für die man schwerer Zeit findet. Klar also, dass diese Zeit jetzt genutzt wurde um genau solche Dinge anzugehen. Hier ausmisten, da aufräumen und optimieren. Es mussten Konzepte erarbeitet werden für die Sicherheit unserer Gäste und Mitarbeiter. Das alles waren klare Linien, an denen man sich über die fast drei Monate entlanghangeln und orientieren konnte.

Dann lief den Sommer über fast alles seinen gewohnten Gang, natürlich mit den nun vorgegebenen Maßnahmen und Gesetzten. Klingt bisher eigentlich ganz gut.
Doch so wie das Virus mutierte, so taten es – zumindest in meiner Wahrnehmung – auch die Verordnungen und Maßnahmen der Länder und des Bundes. Der Sommer wurde geprägt von Unsicherheiten: Was ist okay und was nicht?

Wer darf, von wo, wie lange und unter welchen Bedingungen zu uns kommen?
Auch die Gewissensfrage, darf ich, kann ich selbst guten Gewissens verreisen?
Ich kann nur vom mir selbst ausgehen, denke jedoch das viele Menschen sich mit solchen Gedanken beschäftigt haben. Die Zeit verging teilweise in Zeitlupe, die Welt wie im Schlaf.

Je tiefroter sich dann die Inzidenz-Landkarten färbten, desto klarer wurde uns, dass dieses Jahr an Weihnachten keine Geschenke für Gäste gepackt werden würden. Anfang November dann der zweite Lockdown. Dieser traf mich persönlich schwerer und härter. Es war kalt, nass, dunkel und ab und zu ziemlich einsam. Wenn man sich sonst den ganzen Tag mit seinen Kollegen austauschen kann und die Freude über ein schönes Zimmer oder gutes Essen in den Gesichtern der Gäste sieht, ist es schon ziemlich hart ein halbes Jahr auf 90% seiner Kontakte zu verzichten.

Anfang 2021 war dann ein Jahresbeginn, während dem man nicht schon im März darüber nachdachte, an den Baggersee zu fahren. Das Wetter ließ zu wünschen übrig. Die Nachrichten darüber, dass an Pfingsten die Chance auf Öffnung der Gastronomie und Hotellerie besteht, schien surreal. Freude und Scheu zu gleich. Kann ich das noch? Werden wir überhaupt Gäste haben? Müssen wir wieder schließen?

Dann ein Start mit vielen Stolpersteinen, es hatte sich viel verändert. Niemand wusste so genau ob die Menschen uns Überrennen werden oder aus Unsicherheit erst gar nicht auf die Idee kommen zu verreisen.

Bis jetzt sind noch sehr viele Menschen unsicher, zugegeben verständlicherweise. Aber die Tatsache wieder unter Leute zu kommen und zumindest denjenigen die sich dazu entscheiden wieder die kleinen feinen Dinge des Lebens zu genießen, ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern, das tut schon verdammt gut.

Es wird wahrscheinlich noch seine Zeit brauchen, bis sich die Lage wieder normalisiert, bzw. bis sich jeder an eine neue Definition von «normal» gewöhnt hat. In ein paar Jahren werden wir vielleicht auf die Zeit zurück denken und – so makaber es klingen mag – die Vorteile der Pandemie zu schätzen wissen. Man darf nicht vergessen wie viele Missstände nun ins Rampenlicht gerückt worden sind die es zu verändern gilt.
So kann ich für mich sagen, es war nicht alles umsonst, man muss daraus lernen und eher die Chance auf eine bessere Zukunft sehen.

Aber zuallererst freue ich mich jetzt darauf, wieder möglichst vielen Gästen ein Lächeln auf die Lippen zaubern zu dürfen.

Matthias Pohlmann

Hotel Oberkirchs Weinstube
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Münsterplatz 22
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